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HP startet bedenkliche Schutzmaßnahme für eigene Patronen

Die Hersteller von Druckern denken sich die undenkbarsten Dinge aus, um ihre Kunden zum Kauf ihrer originalen Druckerpatronen zu zwingen. Das klingt natürlich nicht sonderlich fair, das liegt jedoch am Geschäftsmodell der Branche. Druckerhersteller verkaufen ihre Geräte zu sehr niedrigen Preisen. Den wahren Gewinn erzielen sie mit den Druckerpatronen, die fast so viel wie das Gerät selbst kosten. Den Verbrauchern gefällt das natürlich nicht, sodass sie sich nach Alternativen umsehen.

Wie HP Druckerpatronen „blockiert“

Dass Verbraucher günstige Druckertinte suchen, haben viele Unternehmen erkannt und bieten entsprechende Lösungen an. Dies entgeht den Druckerherstellern natürlich nicht, sie versuchen, sich mit unterschiedlichen Mitteln zu schützen. So auch in einem aktuellen Fall: Der Druckerhersteller Hewlett Packard (HP) hat sich einen pfiffigen Schutzmechanismus für seine Druckerpatronenserie HP950 und HP951 ausgedacht: Nach dem Einsetzen dieser Patrone wird beim Tintenstrahldrucker die Nachfüllbarkeit automatisch deaktiviert. HP bezeichnet diesen Mechanismus als „Patronenschutz“ - wer von wem geschützt wird, scheint nicht ganz klar zu sein. Das Einsetzen der Patrone in ein anderes Gerät ist nicht mehr möglich - somit wird sie für den Kunden unbrauchbar.

HP-Druckerpatronen lassen sich bis zu drei mal nachfüllen

HP erlaubt seinen Kunden immerhin, eine Druckerpatrone bis zu drei Mal nachzufüllen. Dies funktioniert natürlich nur mit einem Druckertyp, die Verwendung der Patrone in einem anderen Gerät ist, wie oben beschrieben, nicht möglich. Mit dieser Maßnahme möchte HP seinen Mitbewerbern aus der Recyclingbranche das Geschäft mit dem Wiederbefüllen von Patronen erschweren. Viele Unternehmen der Branche suchen alte Druckerpatronen, die sie wiederbefüllen und an Kunden verkaufen. Durch den Schutzmechanismus von HP erschwert der Druckerhersteller seiner Konkurrenz das Geschäft enorm. Einerseits werden die Patronen schwerer zu finden sein, andererseits steigen so auch ihre Preise.

Die Lösung: Schutzmechanismus mit Patronenchips umgehen

Der chinesische Chip-Spezialist „Apex Ink“, nicht zu verwechseln mit der Druckerreihe von Epson, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Verschlüsselung diverser Tintenpatronen zu knacken. HP-Druckerpatronen wurden jahrelang nicht geknackt, bis es Apex geschafft hat. Diese Nachbaupatronen haben den Vorteil, dass sie genau wie die Originale funktionieren: Sie zeigen also auch den Tintenfüllstand an und man muss die Füllstandsanzeige nicht deaktivieren, um drucken zu können. Das Problem dieser Patronen ist, dass sich die Druckerhersteller gegen sie wehren und die Hersteller auf die Verletzung von Patentrechten verklagen.

Chips für kompatible Druckerpatronen - eine teure Entwicklung

Nicht nur aus rechtlicher Sicht ist die Entwicklung der Chips bedenklich, auch der finanzielle Aspekt erschwert die Prozedur. Druckerhersteller verschlüsseln ihre Patronen mithilfe von Chips, in denen komplizierte Verschlüsselungsmethoden zum Einsatz kommen. Damit möchten sie alternative Patronenhersteller möglichst lange daran hindern, eigenständige Chips zu entwickeln. Die Konkurrenz investiert Beträge im Bereich von Hunderttausenden Euro, bis es ihnen gelingt, die Verschlüsselung zu knacken.

Neben dem finanziellen Aspekt gibt es das Problem, dass nur wenige Menschen das Know-how besitzen, die Chips zu knacken. Alternative Patronenhersteller stellen solchen Spezialisten in der Regel ein Budget zur Analyse des gewünschten Chips zur Verfügung. Im Zuge des „Reverse Engineerings“ muss der Spezialist den Chip auseinandernehmen, seine Funktionen unter einem Raster-Elektronen-Mikroskop untersuchen mit einer hochauflösenden Kamera fotografieren. Nachdem der Spezialist den Schaltplan entdeckt hat, beginnt er erst damit, das Protokoll zwischen Drucker und Chip zu entschlüsseln.

Seine Aufgabe ist damit noch lange nicht beendet. Nachdem die Verschlüsselung geknackt wurde, muss der Spezialist eine Lösung finden, den Chip originalgetreu und möglichst günstig nachzubauen, ohne dass er die Patente des Druckerherstellers verletzt. Erst wenn alle Patente umgangen worden sind, beginnt die Produktion des Chips und wird an die alternativen Patronenhersteller ausgeliefert, die sie produzieren und weltweit ausliefern.

Die Zukunft der Chips in Tintenpatronen

Es ist immer schwierig, einen Blick in die Zukunft zu geben. Sicher ist jedoch, dass Druckerhersteller weiter alles Mögliche tun werden, um die Fremdherstellung ihrer Patronen zu verhindern. In Zukunft werden sie ihre Chips womöglich mit Nanotechnologie noch komplexer und kleiner bauen, sodass das Reverse Engineering weiterhin erschwert wird. Alternative Patronenhersteller wird dies womöglich nicht darin hindern, die Chips zu knacken.

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